„Man muss loslassen können“ Rente & Hospizgedanke - für Peter Schäfer müssen Abschiede nicht traurig sein

Ein Bericht von Julia Höhr | 13.07.2021

Es ist ein kleiner Satz mit einer großen Bedeutung: „Man muss loslassen können.“ Peter Schäfer sagt ihn mehrmals während unseres zweistündigen Gesprächs und weiß, wovon er spricht. Der ehemalige stellvertretende Marketingleiter der Volksbank Kraichgau befindet sich seit zwei Jahren in der Passivphase seiner Altersteilzeit und ist seither als Vorstandsvorsitzender des Fördervereins für das Hospiz Agape aktiv.

Abschiede sind somit ein Thema, das aus seinem Leben nicht wegzudenken ist. Warum er das überhaupt nicht traurig findet, verrät uns der 64-Jährige im farbenfroh blühenden Garten des Wieslocher Hospizes.

Das Hospiz als schöner, positiver Ort

„Bei einem meiner ersten Besuche hier kamen mir auf der Treppe zwei lachende Frauen entgegen“, erinnert sich Peter Schäfer.

Was ihm damals seltsam vorkam, ist heute längst kein Widerspruch mehr für ihn: „Hierher kommen Menschen in ihrer letzten Lebensphase - und ja, sie kommen zum Sterben. Aber genau dieser Prozess des Loslassens wird so würdevoll und lebensfroh wie nur möglich gestaltet. Für mich ist das Hospiz Agape ein schöner, ein positiver Ort, an dem es viel Grund zum Lachen gibt.“

Weihnachten feiern - auf Wunsch auch im Juli

Beispielsweise dann, wenn Gästen Herzenswünsche erfüllt werden. „Wenn jemand im Juli Weihnachten feiern möchte, wird im Juli Weihnachten gefeiert“, nennt Schäfer ein Beispiel und fügt hinzu: „Ich finde das bewegend.“ Direkten Kontakt zu Gästen hat der zweifache Vater selten. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass den Förderverein Dankesworte von Angehörigen erreichen, genau wie Spenden, für die er sich gerne persönlich bedankt. „Erst gestern hat mir die Witwe eines Gastes berichtet, dass die Zeit im Hospiz das Beste war, das ihrem Mann passieren konnte. Diese Dankbarkeit gibt mir so viel. Ich habe es noch keinen Tag bereut, dass ich mich für den Vorstandsvorsitz entschieden habe.“

Ein Benefizspiel als Startschuss für die neue Aufgabe

Der Kontakt mit dem Förderverein Hospiz Agape e.V. entstand vor fünf Jahren über die Volksbank Kraichgau. „Wir richteten ein Benefizspiel der Rhein-Neckar-Löwen gegen Handballer aus dem Raum Wiesloch aus, der Erlös ging an den Verein. So lernte man sich kennen und schätzen“, erzählt Nordic Walking-Fan Schäfer.

Für ihn stand fest, dass er das Ehrenamt erst annehmen würde, wenn seine aktive Zeit bei der Volksbank beendet ist: „Mitte September 2019 wurde ich zum Vorstand gewählt, im Oktober startete meine Passivphase. Ich habe Zeit, vollen Einsatz für den Verein zu leisten, sei es bei Vorstandssitzungen, Presseterminen oder Spendenübergaben.“

Keine Angst vor der Rente

Obwohl Peter Schäfer sein komplettes Berufsleben bei der Volksbank Kraichgau verbrachte und seinen Job ebenso schätzte wie das Miteinander hatte er keine Angst vor dem Abschied. „Ich war auch durch meine Aufgabe beim Förderverein auf die Rentenzeit vorbereitet und bin nicht in ein Loch gefallen. Man muss loslassen können“, sagt der Oftersheimer. Mehr noch, Schäfer berichtet, er habe gerne losgelassen, „nicht, weil mir der Job auf die Nerven ging, sondern weil ich volles Vertrauen in die Arbeit der Kolleg:innen habe.“ Heute ist er besonders dankbar dafür, dass er damals eine Abschiedsfeier ausrichten konnte. „Diese Feier hat mich emotional sehr berührt und wirkte lange nach. Kurze Zeit später wäre sie durch Corona nicht mehr möglich gewesen.“

Corona - eine Zeit des Verzichts

Überhaupt: Corona. Eine Zeit, die auch das Leben des Volksbank-Urgesteins beeinflusste. „Wie gerne hätte ich die Kolleg:innen in Sinsheim und Wiesloch öfter besucht. Es fiel mir schwer, es nicht zu tun - aber Vernunft und Gesundheit gehen vor“, erzählt der dreifache Opa, der in den vergangenen Monaten auch seine Enkelkinder seltener sah als sonst: „Es war eine Zeit, die von Verzicht geprägt war. Ich bin aber guter Dinge, dass es nun aufwärts geht.“ Wenn möglich möchte er im Herbst diesen Jahres noch einmal das Tradition gewordene Grillfest für die ehemaligen Kolleg:innen ausrichten: „Meine Frau und ich haben mehr als 25 Jahre zu uns nach Hause eingeladen, das wäre eine wunderbare Möglichkeit, den Kontakt zu halten.“

Mehr als 40 Jahre Volksbank Kraichgau

Die Gästeliste für dieses Fest wäre gewiss eine lange, denn in mehr als 40 Jahren bei der Volksbank pflegte Peter Schäfer zahlreiche Kontakte. „Ich bin ein geselliger Mensch, ein absoluter Netzwerker. Das war ich während meiner Ausbildung zum Bankkaufmann, das war ich in meiner Zeit am Schalter - und ich war es erst recht, als ich Mitte der 80er damit betraut wurde, den Marketingbereich aufzubauen.“ Schäfer, der zehn Jahre Mitglied des Aufsichtsrats der Volksbank Kraichgau war, fand diese Aufgabe damals überaus reizvoll: „Ich konnte nach und nach in alles hineinwachsen und mich stets erproben.“

Keine Angst vor dem Thema Tod

Hineingewachsen ist Schäfer in den letzten Jahren auch in eine ganz andere Sache: die Auseinandersetzung mit dem Tod. „Als mein Vater Ende 2019 starb, habe ich sehr viel Zeit hier im Hospiz verbracht. Festgestellt habe ich das erst später, im Rückblick. Es tat mir wohl einfach gut“, erzählt er und sagt weiter: „Vor dem Thema Tod als solches habe ich keine Angst. Ob ich Angst vor dem Tod selbst habe, das kann ich nicht genau sagen. Ich weiß definitiv, dass ich mir im Falle des Falles vorstellen könnte, selbst Gast im Hospiz zu sein. Ich hoffe aber natürlich, dass ich gar nicht erst in die Situation komme. Ich möchte 100 Jahre alt werden - und dann weitersehen.“

Stets die Zukunft im Blick

„Für das Hospiz Agape wünsche ich mir, dass es weiter so existieren, vielleicht sogar ausgebaut werden kann. Daher müssen wir als Förderverein möglichst viele Gelder sammeln“, blickt Schäfer in die Zukunft.

Während die Krankenkassen 95 Prozent der Kosten eines Aufenthalts tragen, steuert der Förderverein die übrigen fünf Prozent bei: „Ich hoffe, dass wir wieder mehr Veranstaltungen durchführen können, um Spenden zu akquirieren. Zudem wünsche ich mir, dass ich mit meiner Arbeit dazu beitragen kann, dass der Hospizgedanke von seinem Schrecken verliert. Die Menschen sollen wissen, wie lebensfroh und wertschätzend es hier zugeht.“

Dabei ist er sich auch sicher, dass er den richtigen Moment für das Ende seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender des Fördervereins finden wird. „Ich werde nicht an meinem Posten kleben“, sagt Peter Schäfer und fügt noch einmal diesen kleinen Satz mit großer Bedeutung hinzu: „Man muss loslassen können.“

Übrigens: Wer sich intensiver mit dem Thema Hospiz auseinandersetzen möchte, dem sei der Rhein-Neckar Podcast zum Thema Ökumenischer Hospizdienst von Rabbeldiebix empfohlen. Vielseitige Einblicke in die emotionale Hospizarbeit bietet zudem die Veranstaltung Digitaler Hospiztag 2020 des Ökumenischen Hospizdienst Leimen-Nußloch-Sandhausen e.V.

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